Die Einbeziehung von Männern* in Care-Berufe ist in mehrfacher Weise relevant. Zum einen sehen wir derzeit einen Fachkräftemangel in vielen Care-Berufen, was uns auch in weiterer Zukunft noch begleiten wird. Das bedeutet, wenn ich mich heute für einen Care-Beruf entscheide, dann habe ich mehr Auswahlmöglichkeiten in diesem Bereich und ich trage einen Teil dazu bei, den Mangel an Fachkräften zu reduzieren.
Mag. Elli Scambor
Soziologin; Pädagogin; Männlichkeiten- und Geschlechterforscherin
Zum anderen besteht Bedarf auf individueller und struktureller Ebene: Viele Burschen* und Männer* können sich zwar vorstellen, grundsätzlich in einem Care-Beruf zu arbeiten – doch nach wie vor wirken traditionelle, stereotype Geschlechternormen (stark sein müssen, kein „sissy stuff“) auf sie ein, was sie schließlich daran hindert.
Deshalb muss das Bildungssystem als Feld der Vermittlung geschlechterdemokratischer und sorgeorientierter Männlichkeiten aktiv werden (z. B. www.ecarom.eu). Mit der Bildungs- und Berufswahl wird die Platzierung im Erwachsenenalter eingeleitet, das soziale Prestige von Berufen ist entscheidend. Zudem muss der gewählte Beruf mit dem geschlechtlichen Selbstbild übereinstimmen. Daran müssen wir ansetzen.
Ein höherer Anteil an Männern* in Care-Berufen kann zu einer Lockerung der starren Geschlechternormen beitragen, in der Weise, dass die Vorstellung von Männlichkeit um Care-Aspekte (Empathie etc.) erweitert wird. Zugleich ist damit zu rechnen, dass Männer* in Care-Berufen dazu beitragen, Aktivitäten und Berufe weniger geschlechterstereotyp wahrzunehmen. Und: Männer* in Care-Berufen sind auch Vorbilder für Kinder und damit für zukünftige Arbeitskräfte im Care-Bereich.
Auf gesellschaftlicher Ebene findet so der Effekt der Ermutigung statt: Durch die Unterstützung von „Caring Masculinities“ kann die Diversität von Männlichkeit mehr Anerkennung finden. Das entlastet Burschen* und Männer*, die durch stereotype Anforderungen an sie Einschränkungen in der Entwicklung ihrer Fähigkeiten und Möglichkeiten erfahren.
Caring Masculinities schaffen schließlich auch Möglichkeiten für Männer*, fürsorgliche Beziehungen zu anderen zu vertiefen und zu einer gesünderen und fürsorglicheren Gesellschaft beizutragen.